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Vorsicht bei Aushilfsarbeitsverträgen über Mini-Jobs

In der Praxis werden Aushilfskräfte häufig geringfügig, d.h. auf 450-Euro-Basis, beschäftigt. Vielfach werden solche Aushilfsarbeitsverhältnisse nicht als echte Arbeitsverhältnisse angesehen und den Aushilfskräften z.B. kein Urlaub und Entgeltfortzahlung gewährt. Nach § 2 Abs. 2 TzBfG sind jedoch auch die geringfügig Beschäftigten teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit Ansprüchen auf Urlaub, Entgeltfortzahlung etc.

Außerdem kommt es in der Praxis häufig vor, dass die Vertragsbedingungen von Aushilfsarbeitsverhältnissen nicht oder nicht ausreichend dokumentiert sind. Zum Teil werden weder schriftliche Arbeitsverträge geschlossen noch die Arbeitsvertragsbedingungen entgegen der Nachweispflicht in § 2 NachwG schriftlich niedergelegt. Darüber hinaus enthalten schriftliche Arbeitsverträge oder Niederschriften der Vertragsbedingungen oft keine ausdrückliche Rege-lung zur Arbeitszeit. Dadurch setzen sich Arbeitgeber nicht nur Nachforderungsansprüchen von Arbeitnehmern aus, sondern laufen ab dem 01.01.2019 auch Gefahr, die sozialversicherungsrechtliche Privilegierung der geringfügigen Arbeitsverhältnisse zu verlieren.

Nach § 12 Abs. 1 TzBfG können Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistungen entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). Allerdings muss die Vereinbarung eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, fingiert der Gesetzgeber eine Wochenarbeitszeit. Dies waren 10 Wochenstunden bis zum 31.08.2018. Ab dem 01.01.2019 gilt gemäß § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG eine Arbeitszeit von 20 Wochenstunden als vereinbart. Daraus resultiert ein entsprechender Beschäftigungs- und Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers. Da die fingierten 20 Stunden jedenfalls mit dem Mindestlohn zu vergüten sind, begründet sich ein Vergütungsanspruch weit über der Geringfügigkeitsgrenze von 450,00 €. Unabhängig davon, ob Arbeitnehmer entsprechende Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen, wird, da die 450 EUR-Grenze überschritten ist, das Arbeitsverhältnis sozialversicherungsrechtlich nicht mehr als geringfügiges Beschäftigungsverhältnis behandelt. Dies begründet sich daraus, dass im Sozialversicherungsrecht nicht das Zufluss-, sondern das Entstehungsprinzip gilt. Insofern können, selbst wenn Arbeitnehmer höhere Vergütungen nicht geltend machen, Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert werden, wenn die vertraglichen Vereinbarungen nicht den gesetzlichen Anforderungen genügen. 

Die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger lehnen gemäß ihren Rundschreiben vom 31.03.2019 und 12.12.2019 auch ausdrücklich einen Bestandsschutz für Altverträge ohne Vereinbarung zur Arbeitszeit ab. Ob diese Auffassung gerichtlich bestätigt wird oder aber nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes die mündlich geschlossenen Verträge so ausgelegt werden müssen, dass eine Arbeitszeit als vereinbart gilt, bei der sich eine Vergütung bis zu 450 EUR-Grenze ergibt, ist offen. Letzteres gilt jedoch keinesfalls für Neuverträge ab 01.01.2019. Insofern ist unter Berücksichtigung der bestehenden Risiken auf die Vertragsgestaltung von Aushilfsarbeitsverhältnisses von Mini-Jobs unter Berücksichtigung des § 12 TzBfG n.F. höchstes Augenmerk zu richten, um nicht Gefahr zu laufen, später mit hohen Nachforderungen überzogen zu werden. 

 

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Angela Koch  

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Fachanwältin für Arbeitsrecht 

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