Nun, da die Pandemie offiziell für beendet erklärt wurde und die Arbeitgeber teilweise wieder zur Präsenzarbeit zurückkehren möchten, stellt sich für viele die Frage, ob die mit den Arbeitnehmern zur Arbeit im Home-Office getroffenen Vereinbarungen einseitig beendet werden können.
Zu dieser Frage hat sich kürzlich das Landesarbeitsgericht Hamm mit Urteil vom 16.03.2023 (Az. 18 Sa 832/22) geäußert. In dem dort zu entscheidenden Sachverhalt hatte der Arbeitgeber – ein Software-Unternehmen – in die Zusatzvereinbarung über die Tätigkeit im Home-Office folgenden Passus aufgenommen:
Diese Vereinbarung endet spätestens mit dem Ende des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses […], sofern sie nicht vorher durch eine der Parteien gekündigt wird.
Nachdem der Arbeitnehmer Mitte 2021 längerfristig arbeitsunfähig erkrankt war, kündigte der Arbeitgeber die Zusatzvereinbarung zur Tätigkeit im Home-Office zum April 2022 und verlangte vom Arbeitnehmer, seine Tätigkeit zukünftig im „Innendienst“ zu verrichten, also in Präsenzarbeit. Gegen diese Kündigung der Zusatzvereinbarung hat sich der Arbeitnehmer gerichtlich gewandt und vorgebracht, es handele sich bei den Bestimmungen der Zusatzvereinbarung um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die vom Arbeitgeber vorformuliert gewesen seien. Der Vorbehalt der Kündigung sei unwirksam. Die Klausel verstoße außerdem gegen das Transparenzgebot und stelle eine Umgehung kündigungsschutzrechtlicher Vorschriften dar.
Nachdem die Klage in erster Instanz tatsächlich Erfolg hatte, hat das Landesarbeitsgericht auf die Berufung des Arbeitgebers die Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt das Landesarbeitsgericht aus, dass eine sogenannte Teilkündigung, also die Kündigung einzelner Bestandteile des Arbeitsvertrages, zwar im Grundsatz unzulässig sei, da eine einseitige Änderung von Vertragsbedingungen gegen den Willen eines Vertragspartners nicht erfolgen kann. Dies greife aber dann nicht, wenn dem Kündigenden durch gemeinsame Vereinbarung das Recht zur Kündigung ausdrücklich eingeräumt wurde. Die einseitige Änderung der Vertragsbedingungen erfolge dann nicht gegen den Willen des anderen Vertragspartners, sondern gerade aufgrund des (zuvor) übereinstimmend vereinbarten Rechts zur Teilkündigung. Durch die gemeinschaftliche Abrede, dass jede Partei die Zusatzvereinbarung kündigen könne, seien auch keine zwingenden Kündigungsschutzvorschriften umgangen worden, weil die Kündigung der Zusatzvereinbarung gerade nicht die wechselseitigen Pflichten des Arbeitsverhältnisses betreffe, sondern lediglich die Frage, ob und unter welchen Bedingungen der Kläger seine Arbeitsleistung von seiner Wohnung aus erbringen dürfe.
Auch soweit die Zusatzvereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingung der Inhaltskontrolle unterläge, führe dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündbarkeitsregelung. Die Abrede über die Tätigkeit im Home-Office stelle keine vertraglich geschuldete Leistung des Arbeitgebers dar, sondern betreffe lediglich den Ort der Arbeitsleistung, der jedoch vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 S. 1 GewO umfasst sei. Auch eine sonstige unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers vermochte das Landesarbeitsgericht nicht zu erkennen.
Unter den richtigen Voraussetzungen ist also auch die Rückgängigmachung vormals vereinbarter Home-Office-Vereinbarungen möglich.