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Bundesarbeitsgericht verschärft die Anforderungen an die wirksame Gestaltung von Klauseln zur Rückzahlung von Fortbildungskosten

In dem am 01.03.2022 – 9 AZR 260/21 – vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedenen Fall hat der Arbeitgeber die Rückzahlung der von ihm übernommenen Fortbildungskosten geltend gemacht, da der Arbeitnehmer vor Ablauf der vereinbarten sechsmonatigen Bindungsfrist nach Beendigung der Fortbildung durch Eigenkündigung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war.

In der Fortbildungsvereinbarung war geregelt, dass der Arbeitnehmer, wenn er aufgrund einer eigenen ordentlichen, nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden oder einer eigenen außerordentlichen, nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Kündigung oder einer aufgrund vom Arbeitgeber erklärten verhaltensbedingten ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung vor Ablauf der Bindungsfrist aus dem Dienst des Arbeitgebers ausscheidet, die vom Arbeitgeber übernommenen Gesamtkosten der Fortbildung an diesen zurückzuzahlen hat, wobei aufgrund der vereinbarten sechsmonatigen Bindungsfrist für je einen vollen Monat der Beschäftigung nach dem Ende der Fortbildung 1/6 des gesamten Rückzahlungsbetrages erlassen werden.

Der Arbeitnehmer hat geltend gemacht, dass die Klausel eine unangemessene Benachteiligung darstelle, weil sie den Arbeitnehmer auch dann zur Rückzahlung verpflichtet, wenn er unverschuldet dauerhaft nicht mehr in der Lage sei, seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen und das Arbeitsverhältnis aus diesem Grund personenbedingt kündigt.

Dieser Ansicht war das Landesarbeitsgericht Nürnberg gefolgt. Die Revision der Arbeitgeberin gegen dieses Urteil hat das BAG als unbegründet zurückgewiesen.

In der Begründung des Urteils betont das BAG zunächst, dass einzelvertragliche Vereinbarungen, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, soweit er vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, grundsätzlich zulässig sind und den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen benachteiligen. Im vorliegenden Fall führt das BAG jedoch weiter aus, dass die Rückzahlungsklausel in Bezug auf die Eigenkündigung des Arbeitnehmers keine ausreichende Differenzierung nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens aufweist. Es reiche nicht aus, Kündigungen aus vom Arbeitgeber zu vertretenden Gründen von der Rückzahlungsflicht auszunehmen. Im vorliegenden Fall bestünde damit eine Rückzahlungspflicht nach ihrem Wortlaut auch dann, wenn der Arbeitnehmer unverschuldet und ohne Verursachungsbeitrag des Arbeitgebers aus Gründen in seiner Person dauerhaft nicht (mehr) in der Lage sei, die Qualifikation, die er mit Hilfe des Arbeitgebers erworben habe, für die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu nutzen. Die Klausel stelle eine unangemessene Benachteiligung dar, da der arbeitsunfähige Arbeitnehmer, der keine Arbeitsleistung mehr erbringen kann, gezwungen werde, zur Vermeidung der Rückzahlungspflicht an einem nicht mehr erfüllbaren und damit sinnentleerten Arbeitsverhältnis formell festzuhalten.

Dass sich die Investition des Arbeitgebers in die Fortbildung des Arbeitnehmers bei dessen unverschuldeter dauerhafter Leistungsunfähigkeit nicht amortisiert, lies das BAG nicht gelten; dies sei dem unternehmerischen Risiko zuzurechnen.

Die vorliegende Entscheidung muss Anlass sein, die Formulierungen in den Fortbildungsvereinbarungen zu überprüfen und ggfs. entsprechend abzuändern. Es muss zukünftig ausdrücklich klargestellt werden, dass Eigenkündigungen des Arbeitnehmers aufgrund seiner unverschuldeten dauerhaften Leistungsunfähigkeit keine Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers auslösen.

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Angela Koch  

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