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BAG zeigt Grenzen des Einsichtsrechtes des Betriebsrates in Bruttoentgeltlisten auf

Am 29.09.2020 hat sich das Bundesarbeitsgericht in zwei Beschlüssen mit dem Recht des Betriebsrates auf Einblick in Bruttoentgeltlisten befasst.

In dem ersten entschiedenen Fall – 1 ABR 23/19 – hat der antragstellende Betriebsrat eine allmonatliche Einsicht in die Bruttolohn- und -gehaltslisten der Arbeitnehmer verlangt. Das BAG hat den Antrag für unbegründet angesehen. Es hob zunächst noch einmal seine ständige Rechtsprechung hervor, dass das in § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG verankerte Recht des Betriebsausschusses oder eines nach § 28 BetrVG gebildeten Ausschusses auf Einblick in die Listen über Bruttolohn- und -gehälter zu nehmen nur besteht, wenn es zur Durchführung von Aufgaben des Betriebsrates erforderlich ist (BAG vom 07.05.2019 – 1 ABR 13/17), ein örtlicher Betriebsrat nicht betriebsübergreifenden Einblick in unternehmensweite Bruttoentgeltlisten nehmen kann (BAG vom 26.09.2017 – 1 ABR 27/16) und kein Einblicksrecht besteht, wenn sich die Überwachungsaufgabe des Betriebsrates nicht auf die Einhaltung von Ge- oder Verboten bezieht (BAG vom 27.10.2010 – 7 ABR 86/09). 

Das BAG verweist darauf, dass § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG eine auf das konkrete Einsichtsverlangen bezogene spezifische Prüfung der Erforderlichkeit für die vom Betriebsrat geltend gemachten Aufgaben verlangt und der Betriebsrat darlegen muss, für welchen Erkenntniswert der turnusmäßig monatliche Einblick in die Bruttoentgeltlisten unerlässlich sein soll. Dies wurde im vorliegenden Fall verneint. 

In dem weiteren am 29.09.2020 vom BAG entschiedenen Fall – 1 ABR 32/19 – haben die beteiligten Betriebsparteien über die Überlassung von Bruttoentgeltlisten gestritten. Der Betriebsrat hat beantragt, die Arbeitgeberin zu verpflichten, dem Betriebsausschuss Bruttoentgeltlisten für diverse vergangene Monate dauerhaft in elektronischer Form, hilfsweise in Papierform, zu überlassen und die Listen nach konkreten Vorgaben aufzuschlüsseln. Den Anspruch hat der Betriebsrat auf § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG und seine allgemeine Überwachungsaufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG gestützt. Auch dieser Antrag war nicht erfolgreich. Nach Ansicht des BAG kann der Betriebsrat die dauerhafte Überlassung von Bruttoentgeltlisten an den Betriebsausschuss unter keinen rechtlichem Gesichtspunkt beanspruchen. Auch hier hat das BAG erneut betont, dass der Betriebsrat nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG über seinen Betriebsausschuss nur ein Einsichtsrecht in die Bruttoentgeltlisten besitzt und der Betriebsrat nur Einblick in jene Listen verlangen kann, die der Arbeitgeber tatsächlich besitzt, ein Anspruch auf Herstellung nicht existenter Listen nicht besteht. Aus dem Wortlaut des Gesetzes folgt zudem, dass ein Recht auf Einsichtnahme nicht aber ein Recht auf Zurverfügungstellung der Bruttoentgeltlisten besteht. 

Der Anspruch auf Überlassung von Bruttoentgeltlisten folgt nach Ansicht des BAG auch nicht aus dem EntgTranspG. Das entgeltlistenbezogene Einsicht- und Auswertungsrecht nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 3 EntgTranspG besteht nur, soweit dem Betriebsrat das individuelle Auskunftsverlangen zugewiesen ist. Ungeachtet dessen beinhaltet eine etwaige Einsichts- und Auswertungsberechtigung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG kein Recht des Betriebsrates auf dauerhafte Überlassung von Bruttoentgeltlisten. Die Berechtigung beziehe sich, so das BAG, auf das „Einsehen und Auswerten“ der Bruttoentgeltlisten und nicht das „Zur-Verfügung-Stellen“. Wenn Bruttoentgeltlisten nur in elektronischen Dateiformaten vorhanden sind, bezieht sich das Einsichtsrecht nur auf diese. Abschließend betont das BAG zu Recht, dass das Einsichtsrecht einen gegenwärtigen Bezug zu betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben oder entgelttransparenzgesetzlichen Auskunftsverpflichtungen voraussetzt und eine Einsicht in vergangenheitsbezogene Daten insofern ausscheidet. 
 

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Angela Koch  

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