In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt erbrachte die klagende GmbH Dienstleistungen in verschiedenen Bereichen und nahm keinen Steuerberater für die Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten in Anspruch.
So übermittelte die Klägerin ihre Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung für das Veranlagungsjahr 2015 elektronisch an das Finanzamt und verwendete hierfür ein vom Bundesanzeiger Verlag angebotenes Computerprogramm. Ihr Umsatz betrug rd. 70.000 € und der Gewinn ca. 300 €.
Als die Klägerin erkannte, dass die von ihr für die laufende Buchführung angeschaffte Buchhaltungssoftware nicht mit den Vorgaben der Finanzverwaltung für die elektronische Erstellung und Übermittlung einer Bilanz kompatibel sei, beantragte sie beim Finanzamt die Befreiung von der elektronischen Übermittlungspflicht. Die Inanspruchnahme eines Steuerberaters zur Erstellung der E-Bilanz würde jährlich mehr als 2.000 € kosten und die Umstellung der Software etwa 267 € Mehrkosten pro Jahr sowie einen jährlichen Arbeitsmehraufwand von 60 Stunden bedeuten.
Das Finanzamt lehnte den Antrag unter Verweis auf die Vorteile der Finanzverwaltung, die sich aus der automatisierten Überprüfung der E-Bilanz ergäben, ab.
Der hiergegen gerichteten Klage gab das zuständige Finanzgericht Münster jedoch statt und ließ die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zu.
In seinen Entscheidungsgründen führte das Finanzgericht Münster aus, dass die Klägerin einen Anspruch darauf habe, dass das Finanzamt auf eine elektronische Übermittlung der Bilanz unter Anwendung der Härtefallregelung verzichte.
Die Schaffung der technischen Möglichkeiten sei für die Klägerin nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich. Dies gelte sowohl für die Beauftragung eines Steuerberaters als auch für die Anschaffung eines neuen Buchführungsprogramms zzgl. des eigenen Zeitaufwands des Geschäftsführers. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin angesichts ihrer Umsatz- und Gewinnzahlen als Kleinstbetrieb anzusehen sei, der vom Gesetzgeber mit der Härtefallregelung geschützt werden soll. Diese Regelung sei großzügig in dem Sinne auszulegen, dass wirtschaftliche Zumutbarkeit nicht mit wirtschaftlicher Leistbarkeit gleichzusetzen sei.