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ARTIKEL

Uneingeschränkte Insolvenzantragspflicht bei der GmbH ab dem 01.05.2021

Bedauerlicherweise war die Berichterstattung über die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht in den letzten Monaten nicht nur verwirrend, sondern teilweise auch falsch. Denn es wurde unter anderem berichtet, dass aufgrund der aktuellen Corona-Krise die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt sei. Eine solche pauschale Aussage ist jedoch falsch und hat vermutlich dazu geführt, dass Geschäftsführer von GmbHs ihre insolvenzrechtlichen Pflichten falsch eingeschätzt haben. Neben der Insolvenzverschleppung können diese sich deshalb auch nach dem Tatbestand des Eingehungsbetruges gem. § 263 StGB strafbar gemacht haben.

Tatsächlich galten in Bezug auf die Insolvenzantragspflicht in den vergangenen Monaten folgende Regelungen:


Regelung bis 30.09.2020:
In diesem Zeitraum war die Insolvenzantragspflicht nur in den Fällen ausgesetzt, in denen die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Folgen der Covid-19-Pandemie beruhte.


Regelung vom 01.10.2020 bis 31.12.2020:
Die Insolvenzantragspflicht war in diesem Zeitraum nur in den Fällen ausgesetzt, in denen die GmbH überschuldet, nicht jedoch zahlungsunfähig geworden ist. War also die GmbH in diesem Zeitraum zahlungsunfähig, bestand die Insolvenzantragspflicht uneingeschränkt.


Regelung vom 01.01.2021 bis 30.04.2021:
Ursprünglich galt das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie im Insolvenzrecht nur bis zum 31.01.2021, wurde nach Zustimmung des Bundesrats jedoch bis zum 30.04.2021 verlängert. Im Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum 30.04.2021 war die Insolvenzantragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung jedoch nur ausgesetzt, wenn die GmbH pandemiebedingt in die Krise geraten, staatliche Hilfen beantragt hatte und mit einer Auszahlung der staatlichen Hilfen zu rechnen war. Die Insolvenzantragspflicht war also in den Fällen gerade nicht ausgesetzt, in denen die GmbH zwar möglicherweise pandemiebedingt in die Krise geraten, staatliche Hilfen jedoch nicht beantragt worden waren und/oder nicht damit zu rechnen war, dass diese staatlichen Hilfen auch tatsächlich zur Auszahlung gelangen.


Regelung ab dem 01.05.2021:
Ab dem 01.05.2021 gilt die Insolvenzantragspflicht wieder uneingeschränkt. Demzufolge ist ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, wenn die GmbH zahlungsunfähig und/oder überschuldet ist. Zu beachten sind dabei folgende gesetzliche Änderungen der Insolvenzordnung, die seit dem 01.01.2021 gelten:

 

  1. Nach § 15a Abs. 1 S. 2 InsO ist der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens der GmbH spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen.
  2. Wie bisher ist die GmbH zahlungsunfähig, wenn sie nicht in der Lage ist, ihre fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 S. 1 InsO). Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn die GmbH ihre Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 S. 2 InsO). Ist sie über einen Zeitraum von drei Wochen lediglich in der Lage, 90 % ihrer fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen, liegt also eine Unterdeckung von 10 % vor und ist nicht absehbar, dass diese Unterdeckung nach Ablauf von drei Wochen entfällt, ist nach der Rechtsprechung des BGH ebenfalls von der Zahlungsunfähigkeit der GmbH auszugehen.
  3. Auch bei drohender Zahlungsunfähigkeit kann nach § 18 InsO bei der GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt werden. Die GmbH droht zahlungsunfähig zu werden, wenn sie voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (§ 18 Abs. 2 S. 1 InsO). Neu ist § 18 Abs. 2 S. 2 InsO, wonach bei der Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit in aller Regel ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen ist.
  4. Bei der GmbH ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund (§ 19 Abs. 1 InsO). Überschuldung liegt nach § 19 Abs. 2 S. 1 InsO vor, wenn das Vermögen der GmbH die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens der GmbH in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Zu beachten ist jedoch § 4 COVInsAG. Abweichend von § 19 Abs. 2 S. 1 InsO ist zwischen dem 01.01.2021 und dem 31.12.2021 anstelle des Zeitraums von zwölf Monaten ein Zeitraum von vier Monaten zugrunde zu legen, wenn die Überschuldung der GmbH auf die Covid-19-Pandemie zurückzuführen ist. Dies wird vermutet, wenn die GmbH am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig war, die GmbH in dem letzten, vor dem 01.01.2020 abgeschlossenen Geschäftsjahr ein positives Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erwirtschaftet hat und der Umsatz aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Kalenderjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 30 % eingebrochen ist.

Die obigen Ausführungen zeigen, dass die Rechtslage im Falle einer Krise der GmbH auch ab dem 01.05.2021 unübersichtlich ist. Hinzu kommt dann auch noch die Verpflichtung des Geschäftsführers der GmbH zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement nach § 1 Abs. 1 StaRUG. Nach diesem, ebenfalls ab dem 01.01.2021 geltenden Gesetz, sind die Mitglieder des zur Geschäftsführung berufenen Organs einer juristischen Person (Geschäftsleiter) verpflichtet, fortlaufend über Entwicklungen, welche den Fortbestand der GmbH gefährden können, zu wachen. Erkennen sie solche Entwicklungen, haben sie geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen und den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organen (Überwachungsorganen), wie z.B. bei der GmbH der Gesellschafterversammlung, unverzüglich Bericht zu erstatten. Beachtet der Geschäftsführer der GmbH diese Krisenfrüherkennungspflicht und dabei auch das Krisenmanagement nicht, droht ihm die persönliche Haftung.