Diesem Urteil lag der Sachverhalt zugrunde, nach dem die Klägerin einen Anlagevertrag mit einer Vertriebsgesellschaft der P&R-Gruppe geschlossen hatte. Das Anlagemodell der P&R-Gruppe bestand im Verkauf von Frachtcontainern und dem zeitgleichen Abschluss von Verwaltungsvereinbarungen für eine Laufzeit von fünf Jahren, während der ein garantierter Mietzins an die Anleger ausgezahlt werden sollte. Das Geschäftsmodell geriet bereits im Jahr 2007 in Schieflage. Die P&R-Gruppe behalf sich damit, das Geld neuer Anleger nicht zum Kauf neuer Container, sondern zur Befriedigung der Mietforderungen der Alt-Anleger zu verwenden. Das so etablierte Schneeballsystem brach letztlich zusammen, sodass 2018 Insolvenzverfahren über die Vermögen der Gesellschaften der P&R- Gruppe eröffnet wurden. Die Klägerin begehrt nun Schadenersatz von dem langjährigen Geschäftsführer der Vertriebsgesellschaft wegen Insolvenzverschleppung. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwischen der Klägerin und der Vertriebsgesellschaft war der Beklagte allerdings nicht mehr Geschäftsführer der Vertriebsgesellschaft. Während das LG die Klage abgewiesen hat, hat das OLG der Klage stattgegeben. Der BGH bestätigt die materiell-rechtlichen Ausführungen der Berufungsinstanz, verweist die Sache aber aufgrund Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage zurück.
Nach der Begründung des BGH haben die Mitglieder des Vertretungsorgans einer Gesellschaft gemäß § 15a InsO die Pflicht, bei Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft einen Insolvenzantrag zu stellen. Bei Verletzung dieser Pflicht kann sich ein Direktanspruch der Gesellschaftsgläubiger gegen den Geschäftsführer aus§ 823 Abs. 2 BGB ergeben. Dafür ist grundsätzlich unerheblich, ob der Gläubiger die vertraglichen Beziehungen zu der Gesellschaft erst nach Beendigung der Organstellung eingeht. Zwar entfallen mit der Beendigung der Organstellung die Organpflichten und damit auch die Insolvenzantragspflicht. Jedoch beseitigt das Ausscheiden nicht rückwirkend bereits begangene Antragspflichtverletzungen und die Verantwortung des ausgeschiedenen Geschäftsführers für darauf zurückzuführende Verschleppungsschäden. Maßgeblich ist vielmehr, ob zum Zeitpunkt der Aufnahme vertraglicher Beziehungen zwischen dem Gläubiger und der (insolvenzreifen) Gesellschaft die durch das Fehlverhalten des ehemaligen Geschäftsführers geschaffene Gefahrenlage noch besteht und so für den Verschleppungsschaden (mit-)ursächlich geworden ist: Die Verletzung der Insolvenzantragspflicht durch einen Geschäftsführer ist auch nach Beendigung von dessen Organstellung kausal für anschließende Vertragsschlüsse mit Dritten im Sinne der Äquivalenztheorie. Denn bei einer rechtzeitigen Antragstellung wäre es gerade nicht mehr zu einem Vertragsschluss gekommen. Die Pflichtverletzung verursacht auch adäquat den Vertragsschluss, da eine Unterlassung des Antrags im Allgemeinen zu einer Fortführung der insolvenzreifen Gesellschaft durch nachfolgende Geschäftsführer und damit zu weiteren Vertragsschlüssen führt. Der Schutzzweck der Norm des § 15a InsO umfasst das Fernhalten von insolvenzreifen Gesellschaften aus dem unternehmerischen Geschäftsverkehr zum Schutze der Gläubiger. Dies rechtfertigt es, den Gläubigern einen Schadenersatzanspruch gegen die Geschäftsführer zuzubilligen. Die Haftungszurechnung erfolgt dabei nicht nur gegen die gegenwärtigen Geschäftsführer, sondern gerade gegen die Personen, die die Gefahrenlage geschaffen haben - vorliegend also (auch) gegen den ehemaligen Geschäftsführer.
Der BGH macht in diesem bedeutenden Urteil deutlich, dass ein Ausscheiden desjenigen Geschäftsführers, der (erstmals) die Insolvenzantragspflicht verletzt hat, nur ausnahmsweise zu einer Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs führt. Die haftungsrechtliche Zurechnung wird nämlich nicht dadurch ausgeschlossen, dass außer der in Rede stehenden Verletzungshandlung des ehemaligen Geschäftsführers noch weitere Ursachen zur Rechtsgutsverletzung beigetragen haben. Dies gilt auch dann, wenn die Rechtsgutsverletzung erst durch das (rechtmäßige oder rechtswidrige) Dazwischentreten eines Dritten verursacht wird. Wirken in der Rechtsgutsverletzung die besonderen Gefahren fort, die durch die erste Ursache gesetzt wurden, kann der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden. Der ehemalige Geschäftsführer kann sich daher regelmäßig nicht damit entlasten, sein Nachfolger habe die von ihm geschaffene Gefahrenlage pflichtwidrig nicht beseitigt. Der bloße Wechsel in der Person des Geschäftsführers als solcher stellt daher keine den Zurechnungszusammenhang unterbrechende Zäsur dar. Die Frage, ob der ehemalige oder der aktuelle Geschäftsführer dem Schaden bei wertender Betrachtung näher steht, ist nur für ihren Ausgleich im Innenverhältnis von Bedeutung. Zusammengefasst bedeutet dies, dass sich der Geschäftsführer einer insolventen Gesellschaft nicht dadurch seiner Haftung gegenüber Dritten entziehen kann, in dem er noch vor der Insolvenzantragstellung durch einen nachfolgenden Geschäftsführer aus der Geschäftsführung ausscheidet.