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ARTIKEL

Beraterverträge von Aufsichtsräten mit der AG – Voraussetzungen für deren Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit von Vergütungen

In seinem Urteil vom 21.02.2024 (Az: 7 U 2211/23) ­fächert das OLG München in aller Breite auf, was man als Aufsichtsratsmitglied beim Abschluss ­eines Beratervertrags mit der Gesellschaft inklusive Sonder­vergütung alles falsch machen kann.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger war Mitglied des Aufsichtsrats der Beklagten, einer börsennotierten Aktiengesellschaft (im Folgenden: „Gesellschaft“). Deren Großaktionäre hatten im Jahr 2017 mit der „S-Group“ erfolglos über den Verkauf ihrer Maschinenbausparte verhandelt. Im Jahr 2018 wurde der Kläger Aufsichtsratsvorsitzender der Beklagten. Zur Wiederaufnahme von Verkaufsverhandlungen mit der „S-Group“ bildete die Beklagte ein Verkaufsteam, das aus dem Kläger, dem Alleinvorstand der Beklagten V und dem externen Berater B bestand. Das Verkaufsteam erarbeitete im Rahmen der Verkaufsverhandlungen sämtliche Vorlagen und Vorschläge, wobei der Kläger bis zum Verkauf Mitte 2018 als Teamleiter für die Kommunikation mit der „S-Group“, für die Information von Teilen des Aufsichtsrats über den Verhandlungsstand sowie die Korrespondenz mit dem Notariat sowie der Geschäftsleitung der Maschinenbausparte zuständig war. In den Aufsichtsratssitzungen wurde über den geplanten Verkauf nicht gesprochen, da zwei Aufsichtsratsmitglieder der Beklagten Arbeitnehmer der zu verkaufenden Maschinenbausparte waren und Unruhe verhindert werden sollte. Im Nachgang des Verkaufs forderte der Kläger von der Beklagten eine Sondervergütung in Höhe von EUR 30.768,64 mit der Begründung, dies sei außerhalb des Protokolls in mehreren „off-record-Gesprächen“ außerhalb von Aufsichtsratssitzungen unter Zustimmung der beiden Großaktionäre festgelegt worden.

Das Landgericht München I hat die Klage abgewiesen, was das OLG München auf die Berufung des Klägers hin bestätigt hat.

Das OLG begründete seine Entscheidung wie folgt: Der geltend gemachte Anspruch stehe dem Kläger schon deshalb nicht zu, so das OLG, weil er nicht einmal das Vorliegen eines entsprechenden Beratervertrags mit der Beklagten vorgetragen habe. Diese hätte nämlich gemäß § 78 Abs. 1 S. 1 AktG von ihrem Vorstand vertreten werden müssen.

Der Kläger aber hatte sich darauf beschränkt, die entsprechende Vereinbarung sei zwischen ihm und dem Aufsichtsrat der Beklagten geschlossen worden.

Darauf komme es jedoch nicht an, da eine etwaige Vereinbarung nach § 113 AktG § 134 BGB nichtig wäre. Denn die konkreten Tätigkeiten, die der Kläger auf der Grundlage des (unterstellten) Vertrages erbrachte, hätten nicht außerhalb seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat im Sinne des § 114 Abs. 1 S. 1 AktG gelegen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH aber seien Beratungsverträge einer Aktiengesellschaft mit einem Aufsichtsratsmitglied über solche Tätigkeiten, die das Aufsichtsratsmitglied schon aufgrund seiner Organstellung im Rahmen der vorsorgenden Beratung einschließenden Überwachung ­erbringen muss, nicht nach § 114 AktG genehmigungsfähig. Genehmigungsfähig seien allein Verträge über Dienste, die Fragen eines besonderen Fachgebietes betreffen, sofern sich die zu erbringenden Beratungsleistungen nicht auch dabei auf übergeordnete, in den Rahmen der Aufsichtsratstätigkeit fallende allgemeine Fragen der Unternehmenspolitik beziehen. Dementsprechend gehöre auch die Beratung der Gesellschaft beim Abschluss von Unternehmens- und Beteiligungskaufverträgen nach der Rechtsprechung des BGH zu dem bereits von den Pflichten des Aufsichtsratsmitglieds erfassten Aufgabenbereich, da diese Beratung auch übergeordnete Bereiche der Unternehmenspolitik und allgemeine Bereiche der Unternehmensführung betreffe. Eine etwaige vertragliche Vereinbarung stellte daher eine nach § 113 AktG unzulässige Vergütungsvereinbarung dar und sei gemäß § 134 BGB nichtig.

Damit nicht genug stellte das OLG auch insoweit das Landgericht stützend fest, dass es ungeachtet dessen auch an dem gemäß § 114 Abs. 1 AktG geforderten Aufsichtsratsbeschluss gemangelt habe. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BGH und nach allgemeiner Meinung in der Literatur können Beschlüsse des Aufsichtsrats aus Gründen der Rechtssicherheit nur ausdrücklich, nicht jedoch stillschweigend oder konkludent gefasst werden. Denn es müsse gewährleistet sein, dass das Zustandekommen eines Beschlusses festgestellt werden kann. Dies sei bei stillschweigend oder konkludent gefassten Beschlüssen jedoch nicht möglich, weil bei diesen nicht die für eine Abstimmung unerlässlichen Feststellungen darüber getroffen werden können, inwieweit Beschlussfähigkeit, Zustimmung, Ablehnung und Stimment­haltungen gegeben sind. Unstreitig aber gab es einen ausdrücklichen Aufsichtsrats­beschluss nicht.