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Bankrecht: Kein Schadenersatz von BaFin für Wirecard-Anleger, Urteile des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19.01.2022, Az.: 2-04 O 65/21, 2-04 O 531/20, 2-04 O 561/20, 2-04 O 563/20

Anleger haben im Wirecard-Skandal nach Urtei-len des Landgerichts Frankfurt am Main keinen Schadensersatzanspruch gegen die Finanzaufsicht BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht).

Die für Amtshaftung zuständige 4. Zivilkammer wies die Klagen früherer Wirecard-Aktionäre in 4 Verfahren ab. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig und können mit der Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main angefochten werden.

Wirecard war 2020 nach dem Eingeständnis von Scheinbuchungen in Milliardenhöhe zusammengebrochen. Die Anleger erlitten durch die Insolvenz Verluste und forderten von der BaFin Schadenersatz zwischen 3 TEUR und 60 TEUR.  Die Anleger argumentierten, die Finanzaufsicht habe Marktmanipulationen des einstigen DAX-Konzerns nicht ver-hindert und die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert. Hinweisen auf Gesetzesverstöße der Wirecard AG sei die Behörde nicht ausreichend nachgegangen.

Kein Drittschutz bei Verletzung von Amtspflichten
Das Gericht kam allerdings zu dem Ergebnis, dass die BaFin nach den gesetzlichen Vorschriften ihre Aufgaben ausschließlich im öffentlichen Interesse wahrnehme und nicht im Interesse einzelner Anleger. „Eine etwaige Verletzung von Amtspflichten der BaFin kann deswegen nicht zu einer Ersatzpflicht gegenüber dem geschädigten Anleger führen. Es besteht kein sogenannter Drittschutz“, so der Vorsitzende in der Presseerklärung. Die ausführliche Urteilsbegründung lag zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses für diese Veröffentlichung noch nicht vor.

Amtshaftungskammer folgt Entscheidung der 8. Zivilkammer
Die für Amtshaftungsklagen zuständige Kammer folgte damit nach eigenen Angaben einer Entscheidung der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main. Diese wies im November 2021 eine Klage eines Wirecard-Anlegers gegen die Finanzaufsicht ebenfalls ab (Az.: 2-08 O 98/21).  Der Kläger legte Berufung zum Oberlandesgericht ein. Auswirkungen auf Fall Greenshill Bank AG
Die (rechtskräftigen) Entscheidungen in diesem Verfahren werden auch Auswirkungen auf ähnliche Verfahren im Zusammenhang mit der Greensill Bank haben. Die Bremer Bank wurde im März 2021 wegen drohender Überschuldung von der BaFin geschlossen. Kommunen und Städte prüfen rechtliche Schritte gegen die Behörde, denn rund 50 Kommunen werden wohl Geldanlagen in einer Gesamthöhe von 500 Mio. EUR verlieren. Hintergrund ist, dass die gesetzliche Einlagensicherung seit 2017 nicht mehr für Kommunen greift. Privatanleger sind im Insolvenzfall durch die Einlagensicherung geschützt und können entschädigt werden, nicht aber die Städte und Gemeinden; ihnen droht der Verlust des gesamten Anlagebetrages.

Auch hier war es so, dass bereits im Sommer 2020 die BaFin die Greensill Bank im Zuge einer Sonderprüfung durchsucht hatte. Anfang 2020 wurde ein Sonderprüfer eingesetzt. Dennoch konnte bei der Greenshill Bank bis kurz vor Schließung durch die BaFin Geld in hohen Summen angelegt werden. Auch hier fragen sich die besonders betroffenen Gemeinden, ob es nicht frühere Warnungen hätte geben müssen. Rechtliche Schritte werden geprüft, wobei dabei sowohl externe Rechtsanwaltskanzleien als auch die kommunalen Prüfungsverbände involviert sind. Deren Prüfungsergebnisse liegen bisher noch nicht vollständig vor, werden aber Ende Q1/2022 erwartet. Davon abhängig wird zu entscheiden sein, ob und welche Klagen anhängig gemacht werden.

Zumindest hat die BaFin am 16.März 2021 den Entschä-digungsfall für die Greensill Bank AG festgestellt, da das Institut nicht mehr in der Lage war, sämtliche Einlagen sei-ner Kunden zurückzuzahlen. Die Einlagen der Kunden der Greensill Bank AG sind im Rahmen des Einlagensicherungs-gesetzes geschützt. Das Institut gehört der Entschädigungs-einrichtung deutscher Banken GmbH (EdB) an. Mit der Feststellung des Entschädigungsfalles durch die BaFin ist die Voraussetzung gegeben, dass die Entschädigungsein-richtung die Ansprüche der Einleger prüft und bis zu einer Höhe von 100 TEUR befriedigt in besonderen Ausnahmefällen bis zu einer Höhe von 500 TEUR.

Darüber hinaus ist die Greensill Bank AG Mitglied des Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken e.V. Dieser Einlagensicherungsfonds übernimmt nach Maßgabe seines Statuts den Teil der Einlagen, der über die gesetzliche Grenze hinausgeht - und zwar bis zur jeweiligen Sicherungsgrenze.