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ARTIKEL

Quarantäne bedeutet nicht zwingend Arbeitsunfähigkeit

Unter Arbeitnehmern wird verbreitet die fehlerhafte Auffassung vertreten, sie seien arbeitsunfähig, wenn sie sich aufgrund einer Anordnung des Gesundheitsamtes oder aufgrund der Regelungen z.B. der Sächsischen Corona-Quarantäne-Verordnung infolge eines dringenden Infektionsverdachtes in Quarantäne, d.h. Absonderung i.S.d. § 30 Abs. 1 IfSG, begeben müssen.

Arbeitsunfähigkeit besteht nach § 3 Abs. 1 EFZG aber nur dann, wenn ein Arbeitnehmer infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist. Dies ist bei einer Quarantäne, d.h. Absonderung, eines Ansteckungsverdächtigen gerade nicht der Fall. Dort handelt es sich nach der gesetzlichen Definition des § 2 Nr. 7 IfSG um eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, Krankheitsverdächtiger oder Ausscheider zu sein. Das Gesetz selber trennt damit scharf zwischen Arbeitsunfähigkeit und Quarantäne nicht Infizierter.

Diese Unterscheidung ist rechtlich von großer Bedeutung:

Ein Ansteckungsverdächtiger, der sich in häuslicher Quarantäne befindet, kann, sofern seine berufliche Tätigkeit es zulässt, im Home-Office arbeiten und damit die von ihm geschuldete Arbeitsleistung erbringen. Er erhält dann seine normale Vergütung. Ist eine solche Arbeit im Home-Office nicht möglich, ergeben sich die finanziellen Folgen für den Arbeitnehmer nicht aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz, sondern aus § 56 Abs. 1 IfSG. Derjenige, der als Ansteckungsverdächtiger einen Verdienstausfall erleidet, erhält nach dieser Vorschrift eine Entschädigung in Geld. Für die ersten sechs Wochen wird sie in Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Bezugsgröße ist nach § 56 Abs. 3 IfSG das Netto-Arbeitsentgelt. Der Arbeitgeber hat nach § 56 Abs. 5 IfSG für die Dauer des Arbeitsausfalls, längstens aber für 6 Wochen die Entschädigung auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber dann auf Antrag von der zuständigen Behörde, in Sachsen die Landesdirektion Sachsen, in voller Höhe erstattet.

Es bestehen somit jedenfalls aus Sicht des Arbeitgebers erhebliche Unterschiede in der für ihn eintretenden finanziellen Belastung bei Arbeitsunfähigkeit und Quarantäne eines Ansteckungsverdächtigen. Bei einer Arbeitsunfähigkeit muss er nach § 3 Abs. 1 EFZG nämlich das Entgelt für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen aus eigenen Mitteln weiterzahlen, sofern den Arbeitnehmer an der Arbeitsunfähigkeit kein Verschulden trifft. Eine Erstattung kommt nur ausnahmsweise und auch nur teilweise nach der Umlage U1 in Betracht, wenn ein Anspruch nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz besteht.

Aufgrund dieser unterschiedlichen finanziellen Belastungen bei einer Quarantäne als Ansteckungsverdächtiger und einer Arbeitsunfähigkeit besteht damit für Arbeitnehmer, aber auch für Ärzte die Gefahr, sich schadensersatzpflichtig zu machen und zumindest in die Nähe des Betrugsverdachts zu geraten, wenn sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anstreben bzw. ausstellen, obwohl ihnen bekannt ist, dass tatsächlich „nur“ ein Ansteckungsverdacht besteht und deshalb eine Quarantäne notwendig ist. Auch die Weigerung des Arbeitnehmers, im Home-Office zu arbeiten, kann arbeitsrechtliche Folgen für diesen haben, letztlich bis hin zu einer Kündigung.