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Vergleichende Werbung mit Testergebnissen im Lichte des unlauteren Wettbewerbsrechts

In Zeiten, in denen Online-Shopping für viele Menschen eher die Regel als die Ausnahme ist und die Auswahl in vielen Produktkategorien nahezu unüberschaubar geworden ist, sind Hilfsmittel bei der Auswahl entscheidend – und daher werden sie von den Anbietern auch gezielt zur Werbung genutzt.

Viele Menschen verlassen sich dabei auch auf Testergebnisse von mehr oder weniger renommierten Anbietern; am wohl bekannten sind die Produkttests der „Stiftung Warentest“. Ein gutes Ergebnis in einem dieser Tests schreiben sich die Hersteller in der Regel sehr gerne auf ihre Fahnen und bewerben ihre Produkte entsprechend. Problematisch wird es jedoch, wenn in der Werbung nicht nur das eigene Ergebnis beworben wird, sondern gerade betont wird, dass man besser als bestimmte Konkurrenzprodukte sei, die ebenfalls getestet wurden. Denn die Grenze von zulässiger Werbung zu unlauterem Wettbewerb ist mitunter schneller erreicht als gedacht.

In einem Fall eines Matratzenherstellers hatte kürzlich das Oberlandesgericht Frankfurt als Berufungsinstanz zu entscheiden (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 22.04.2021, Az. 6 W 26/21). Die Parteien des Rechtsstreits bieten online Matratzen an, wobei die Antragstellerin eine Wendematratze „A“ mit zwei Liegeseiten anbietet und die Antragsgegnerin eine Matratze „B“ mit nur einer Liegeseite. In ihren Tests 2015 und 2018 testete die Stiftung Warentest nur eine Liegeseite, die Wendematratze „A“ der Antragstellerin ging aus diesen Tests jeweils als Siegerin hervor. Bei einem Test im Jahr 2019, ohne die „A“-Matratze, siegte hingegen die „B“-Matratze. Bei neuerlichen Tests im Frühjahr 2021 wurden bei Wendematratzen jedoch beide Seiten in das Ergebnis miteinbezogen. Aufgrund schlechterer Eigenschaften der zweiten Liegeseite war das Ergebnis der Matratze „A“ jetzt nur noch „befriedigend“. Dieses Ergebnis nahm die Antragsgegnerin zum Anlass, in ihrer Werbung zu behaupten, ihre Matratze „B“ sei besser und Matratze „A“ sei nur noch Mittelmaß. Zudem wurde allen Kunden, die eine „A“-Matratze gekauft hatten, ein 30%-iger Rabatt beim Kauf einer „B“-Matratze versprochen, wenn sie ihre „A“-Matratze innerhalb des 100-tägigen Rückgaberechts zurückgeben würden. Das erstinstanzliche Landgericht Frankfurt a. M. sah darin noch einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß, unter anderem wegen Irreführung und unzulässiger vergleichender Werbung.

Das Oberlandesgericht vertritt demgegenüber die Auffassung, es sei nicht irreführend, soweit die Antragsgegnerin behauptet, ihre Matratze sei besser. Obwohl zwischen dem Test der „B“-Matratze und dem Test aus 2021 die Bewertungsmaßstäbe geändert wurden, unterliegen die Ergebnisse zumindest weiterhin einem objektiven Vergleich. Sie sei auch nicht dazu verpflichtet, auf die geänderten Bewertungsmaßstäbe in ihrer Werbung hinzuweisen. Die Behauptung, die „A“-Matratze sei „nur noch Mittelmaß“ sei hingegen irreführend, weil sie suggeriere, dass sich die beiden Matratzen in dem gleichen Test gegenübersahen und die „B“-Matratze in diesem Test obsiegt hätte. Schließlich begegne auch der angebotene Rabatt keinen rechtlichen Bedenken, weil nur Kunden betroffen seien, die sich innerhalb der Rückgabefrist befänden. Diese seien der Antragstellerin jedoch noch nicht endgültig als Kunden zuzurechnen, so dass keine gezielte Behinderung durch Abfangen von Kunden vorliege.

Solange Testergebnisse also objektiv - trotz ggf. geänderter Bewertungskriterien - miteinander vergleichbar sind, darf auch vergleichend mit ihnen geworben werden. Da es sich um ein einstweiliges Verfügungsverfahren handelte, war das OLG Frankfurt a. M. im vorliegenden Fall die letzte Instanz.