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Kein Anspruch auf Rückzahlung einer Vertragsstrafe bei rechtsmissbräuchlicher Abmahnung

Wettbewerbs- oder markenrechtliche Abmahnungen sind ein wichtiges Instrument zur Verfolgung der rechtlichen Interessen von Wettbewerbern/Marktteilnehmern bzw. Schutzrechtsinhabers; vom Abgemahnten hingegen werden sie oft als lästig oder gar rechtsmissbräuchlich angesehen.

Das Oberlandesgericht Köln (Urt. v. 09.12.2022, Az. 6 U 46/22) hat sich kürzlich umfassend der Frage gewidmet, ob eine verwirkte und gezahlte Vertragsstrafe zurückgefordert werden kann, wenn sich später herausstellen sollte, dass die Abmahnung und die Erwirkung der strafbewehrten Unterlassungserklärung rechtsmissbräuchlich waren.

In dem zu entscheidenden Sachverhalt war der Kläger, der einen Onlinehandel betreibt, von einem als Verein organisierten Interessenverband im Jahr 2019 wegen eines vermeintlichen wettbewerbsrechtlichen Verstoßes abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert worden. Der Kläger gab diese strafbewehrte Unterlassungserklärung ab und bezahlte auch die geforderten Kosten für die Abmahnung. In der Folge zahlte der Kläger wegen eines Verstoßes gegen diese Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe i.H.v. 750,00 €. 

Im Jahr 2021 kündigte der Kläger die Unterlassungserklärung wegen Rechtsmissbrauchs und forderte den Interessenverband auf, die bereits gezahlten Kosten zu erstatten. Nachdem diese Aufforderung keinen Erfolg hatte, machte der Kläger die Summe der gezahlten Beträge aufgrund der ursprünglichen Abmahnung (Abmahnkosten, Vertragsstrafe, eigene Rechtsanwaltskosten) gegen den Interessenverband im Wege der Klage geltend und trug diverse Umstände vor, die belegen sollten, dass das Verhalten des Beklagten den Tatbestand des Rechtsmissbrauchs erfülle.

Das Oberlandesgericht entschied jedoch, dass es selbst dann, wenn sich im Nachhinein herausstelle, dass ein Gläubiger rechtsmissbräuchlich gehandelt habe, keinen Anspruch auf Rückzahlung einer bereits geleisteten Vertragsstrafe nach Verstoß gegen eine vertragliche Unterlassungspflicht gebe. Es bestünde weder nach dem Gesetz, noch aus Vertrag eine Grundlage für die Rückforderung.

Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bestünden nicht. Zwar gewähre § 8c Abs. 3 S. 1 UWG einen Kostenerstattungsanspruch für Rechtsverteidigungskosten bei missbräuchlichen Abmahnungen. Solche Kosten seien vorliegend jedoch nicht geltend gemacht worden, vielmehr wird die Rückzahlung einer Vertragsstrafe begehrt, die jedoch vom beschränkten Anwendungsbereich der Norm nicht erfasst sei. Weitere Ansprüche aus dem UWG oder dem allgemeinen Zivilrecht seien ebenfalls nicht einschlägig.

Es sollte daher bei dem Erhalt von Abmahnungen sorgfältig geprüft werden, ob möglicherweise eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung vorliegt. Denn einmal unterzeichnet kann nach dem vorgenannten Urteil eine dann wegen Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung verwirkte und geleistete Vertragsstrafe auch bei vorliegender Rechtsmissbräuchlichkeit nicht mehr zurückgefordert werden. Es ist daher ratsam, die Abmahnung und die abzugebende strafbewehrte Unterlassungserklärung sorgfältig und gegebenenfalls unter Heranziehung eines Rechtsanwalts zu prüfen.