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Behördliche Schließungsanordnung – Teil II

Bereits in der letzten Ausgabe der UPDATE bin ich anlässlich der zu diesem Zeitpunkt erneut beschlossenen Schließungsanordnungen diverser Geschäfte aufgrund der Corona-Pandemie auf die Frage eingegangen, ob und wenn ja in welcher Höhe die Mieten für die infolge der Schließung stillgelegten Gewerberäume gezahlt werden müssen.

Die Rechtsprechung bezüglich dieser Sache – zumindest auf Ebene der Landgerichte – hat sich seit der Veröffentlichung des Beitrags gefestigt. Soweit ersichtlich, steht das Landgericht München I mit seiner Auffassung, die behördliche Schließungsanordnung stelle einen Mangel dar und berechtige daher zur Mietminderung, alleine da. Demgegenüber sind die Landgerichte Heidelberg, Zweibrücken, Frankfurt und Stuttgart der Auffassung, der Mieter habe trotz der Schließung eine fortbestehende Pflicht zur Mietzahlung. Als Begründung wird wie bereits dargelegt angeführt, dass die behördlichen Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie nicht an die Beschaffenheit der Mietsache, sondern an den Publikumsverkehr und die damit einhergehende Begünstigung für das Infektionsgeschehen anknüpfen. Da die Anordnungen nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Mietsache stünden, erfülle der Vermieter weiter seine Pflicht, die Mieträume in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen. Ein Mietmangel liege daher nicht vor. Und obwohl eine solche grundsätzlich denkbar wäre, wurde von den Gerichten überwiegend auch die Annahme einer Störung der Geschäftsgrundlage abgelehnt. Vom Vorliegen einer solchen Störung mit der Möglichkeit zur nachträglichen Vertragsanpassung ist lediglich das Landgericht Mönchengladbach ausgegangen.

Angesichts des zweiten Lockdowns, der nun bereits über 3 Monate andauert und die ohnehin schwierige Situation der vom ersten Lockdown bereits finanziell stark getroffenen Einzelhändler und Dienstleister weiter verschärft, hat der Gesetzgeber dringenden Handlungsbedarf gesehen und nunmehr im neu beschlossenen Art. 240 § 7 EGBGB die Regelung eingeführt, dass bei Gewerbemietflächen, die infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind, vermutet wird, dass die Maßnahmen eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage darstellen. Damit soll die Verhandlungen zwischen Gewerbemietern bzw. Pächtern und Eigentümern vereinfacht werden.

Damit ist jedoch gewissermaßen nur das Tor des §§ 313 Abs. 1 BGB eröffnet, also die Möglichkeit, die Anpassung des Vertrages verlangen zu können. Ob dem Gewerbemieter im Einzelfall das Festhalten am unveränderten Vertrag tatsächlich nicht zugemutet werden kann, wird letztlich nach wie vor eine Frage des Einzelfalls bleiben, bei dem die Gerichte alle Umstände zu berücksichtigen haben. Maßgebliche Faktoren werden die konkrete wirtschaftliche Situation des Gewerbemieters, der Umfang der erlittenen Umsatzeinbußen sowie Höhe und Zeitpunkt des Zuflusses staatlicher Hilfen bleiben. Da jedes Mietverhältnis Besonderheiten aufweisen kann, bleibt die Beantwortung der wesentlichen Fragen im Einzelfall weiterhin den Gerichten vorbehalten. Entscheidend bleiben die konkreten wirtschaftlichen Folgen für Mieter und Vermieter.

Auch nach der jüngsten Mietrechtsänderung sollte also versucht werden, sich auf außergerichtlichem Wege zu einigen. Bei Neuabschlüssen von Mietverträgen sollte besonders auf die Regelungen zur Risikoverteilung hinsichtlich der Auswirkungen einer Pandemie geachtet und das Verwendungsrisiko einer Partei zugeordnet oder zwischen den Parteien verteilt werden.