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ARTIKEL

Die Rechtsprechung bezüglich dieser Sache – zumindest auf Ebene der Landgerichte – hat sich seit der Veröffentlichung

Im Rahmen seines Urteils vom 23.09.2020 – Az. XI R 34/19 – hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung auch für nachfolgende Besteuerungszeiträume wirkt, bis er vom Steuerpflichtigen widerrufen wird.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt betrieb der Kläger seit 2006 einen Betrieb, dessen Gegenstand u.a. Fliesen-, Estrich-, Parkett- und sonstige Bodenlegearbeiten waren. Im Gründungsjahr verzichtete er gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung und berechnete in den Folgejahren bis einschließlich des Jahres 2016 die Umsatzsteuer in seinen Umsatzsteuerjahreserklärungen nach den allgemeinen Vorschriften. In den Jahren 2011 und 2012 führte er Bruttoumsätze oberhalb der damals einschlägigen Grenze von 17.500,00 € aus, während diese in den übrigen Jahren unterhalb lagen.

Für den Veranlagungszeitraum 2017 wandte der Kläger erstmalig die Kleinunternehmerbesteuerung an. In den Rechnungen 2017 wies er unter Hinweis auf § 19 UStG keine Umsatzsteuer aus. 

Das Finanzamt teilte dem Kläger mit, dass der Wechsel von der Regel- zur Kleinunternehmerbesteuerung 2017 nicht möglich sei, da der Kläger innerhalb der letzten fünf Jahre „von der Option nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG“ Gebrauch gemacht habe und deshalb insoweit gebunden sei.

Der hiergegen gerichteten Klage gab das zuständige Finanzgericht statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

In seinen Entscheidungsgründen führt der BFH aus, dass der Kläger seinen Verzicht auf die Anwendung der besonderen Kleinunternehmerbesteuerung mit der Einreichung der Steuererklärung für 2017 wirksam widerrufen habe.
Über die Form der Verzichtserklärung nach § 19 Abs. 2 UStG sowie ihres Widerrufs enthalte das Umsatzsteuergesetz keine Bestimmungen. Sowohl der Verzicht als auch dessen Widerruf seien einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen gegenüber dem Finanzamt und seien bedingungsfeindlich, da sie rechtsgestaltend auf das Umsatzsteuerrechtsverhältnis wirken. Die Erklärung des Widerrufs sei daher formlos möglich.

Mit der Abgabe einer Umsatzsteuererklärung, in der der Steuerpflichtige die Steuer nach den allgemeinen Grundsätzen berechne, verzichte er konkludent auf die Nichterhebung der Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG. In gleicher Weise könne der Steuerpflichtige auch durch Abgabe der Umsatzsteuererklärung konkludent den Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung widerrufen. Insbesondere ergebe sich aus der Verwendung des Wortes „mindestens“ in § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG sowie aus § 19 Abs. 2 Satz 3 UStG, dass der Verzicht i.S. des § 19 Abs. 2 UStG nicht nach Ablauf von fünf Jahren unwirksam werde, sondern bis zu einem Widerruf fortwirke. Dies entspreche den anerkannten Rechtswirkungen anderer Willenserklärungen des Steuerpflichtigen mit Bezug zum Besteuerungsverfahren. Infolgedessen habe der Kläger im Streitjahr wirksam seinen Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung widerrufen.