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ARTIKELLISTE HANDELS- UND GESELLSCHAFTSRECHT

Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie: GmbH-Gründung soll künftig von zu Hause aus möglich sein; Anpassung des Bekanntmachungswesens für Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister; Online-Handelsregisteranmeldungen werden mögl

Wer in Deutschland eine GmbH gründen will, muss hierfür - jedenfalls noch - persönlich zu einem Notar. Ziel der sog. Digitalisierungsrichtlinie (EU-Richtlinie 2019/1151) ist es, insbesondere die Gründung von Kapitalgesellschaften und die Eintragung von Zweigniederlassungen durch den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren zu erleichtern. Sie soll die Kosten sowie den Zeit- und Verwaltungsaufwand für diese Vorgänge reduzieren.

Die EU-Mitgliedsstaaten müssen eine Online-Gründung von Kapitalgesellschaften bis spätestens 1. August 2022 ermöglichen. Die Bundesregierung hat kürzlich einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie vorgelegt („DiRUG“). Wird er Gesetz, können Unternehmen und Gründer künftig bequem vom Büro oder von zu Hause aus eine GmbH oder die bei Startups beliebte Unternehmergesellschaft (UG (haftungsbeschränkt)) gründen.
Ganz ohne Notar geht es zum Schutz der Gründer sowie des Rechtsverkehrs vor Identitätsbetrug und Geldwäsche jedoch auch weiterhin nicht. Die Beurkundung kann künftig aber virtuell unter Verwendung eines von der Bundesnotarkammer bereitgestellten, besonders gesicherten Videokommunikationssystems stattfinden. Zur Identifikation der Gesellschafter liest der Notar dabei zunächst die Daten aus einem elektronischen Identifikationsmittel aus. Bei deutschen Staatsbürgern ist das der Personalausweis mit sog. eID-Funktion (sämtliche seit 2017 ausgestellten Personalausweise verfügen über diese Online-Ausweisfunktion, die jedoch vorab einmalig von dem Inhaber des Personalausweises aktiviert werden muss). Darüber hinaus gleicht der Notar in der Videokonferenz das Lichtbild mit dem Videobild der beteiligten Personen ab, berät die Gründer wie bisher auch bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags und prüft deren Geschäftsfähigkeit oder Vertretungsbefugnisse. Zum Abschluss erfolgt die Unterzeichnung per qualifizierter elektronischer Signatur. Die Gründer können sich den „Online-Notar“ nicht frei aussuchen, sondern müssen einen Notar wählen, in dessen Amtsbereich sich etwa der künftige Gesellschaftssitz oder der (Wohn-)Sitz eines Gesellschafters befindet.

Der Regierungsentwurf sieht auch eine Anpassung des Bekanntmachungswesens für die Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister vor. Neue Informationen in diesen Registern sollen künftig dadurch bekanntgemacht werden, dass sie erstmalig zum Abruf über das gemeinsame Registerportal der Länder bereitgestellt werden. Eine separate Bekanntmachung von Eintragungen soll nicht mehr erfolgen und das bestehende kostenlose Bekanntmachungsportal unter www.handelsregisterbekanntachungen.de soll abgeschafft werden. Im Gegenzug wird der Abruf von Registerauszügen zukünftig für jedermann kostenlos gestaltet sein.

Der Regierungsentwurf sieht ebenfalls die Möglichkeit vor, Handelsregisteranmeldungen von Einzelkaufleuten, GmbH, AG, KGaA, Genossenschaften, deren Zweigniederlassungen sowie Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften der EU-Mitgliedstaaten und EWR-Vertragsstaaten, nicht jedoch Personenhandelsgesellschaften, durch Beglaubigung einer qualifizierten elektronischen Signatur mittels Videokommunikation vorzunehmen. 

Neben der Anmeldung zur erstmaligen Eintragung des jeweiligen Rechtsträgers umfasst dies sämtliche weitere Folgeanmeldungen (wie etwa Änderungen in der Person des GmbH-Geschäftsführers oder Prokuristen). Bei Satzungsänderungen wird dies voraussichtlich nicht relevant werden, da der die Satzungsänderung beurkundende Notar die Handelsregisteranmeldung selbst nach § 378 Abs. 2 FamFG vornehmen kann.

Diese Neuregelungen sind ein Anfang, aber viele Wünsche bleiben unerfüllt: So ist eine Online-Gründung für andere Rechtsformen, beispielsweise eine Aktiengesellschaft, nicht vorgesehen. Zudem umfasst die Beurkundungsmöglichkeit per Videokommunikation nur solche Beschlüsse, die mit der Gründung in engem Zusammenhang stehen. Eine nach der Gründung zu beurkundende Kapitalerhöhung, sonstige Satzungsänderungen oder Umwandlungsvorgänge sind damit auch in Zukunft nicht per Videokonferenz mit dem Notar möglich. Bei der Digitalisierung bleibt Deutschland weiterhin im Verzug.