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Geschäftsführerhaftung für Zahlungen in der Krise: Masseschmälernde Zahlung i.S.v. § 64 Satz 1 GmbH G a.F. (jetzt § 15 b Satz 1 InsO) bei Zahlung von Gehältern an Mitarbeiter. Geschäftsführer haftet gegenüber dem Insolvenzverwalter für Gehaltsz

Das OLG Düsseldorf hat in einer Entscheidung vom 09.12.2021 (Az.: 12 U 23/21) entschieden, dass eine masseschmälernde Zahlung im Sinne von § 64 S. 1 GmbHG auch dann vorliegt, wenn der Geschäftsführer nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit Gehälter an Mitarbeiter der Gesellschaft zahlt, weil Arbeits- oder Dienstleistungen regelmäßig für eine Verwertung durch die Gläubiger nicht geeignet sind.

Für diese Zahlungen an die Mitarbeiter der Gesellschaft haftet der Geschäftsführer deshalb privat. Die Haftung besteht gegenüber dem Insolvenzverwalter als Vertreter der krisenbehafteten GmbH.

Mit dieser Entscheidung setzt das OLG die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) fort (zuletzt mit seinem Beschluss vom 24.09.2020, Az.: II ZR  248/17).

Beweislast für das Vorliegen sog. privilegierter Zahlungen trägt der Geschäftsführer.

Zahlungen zur vorübergehenden Aufrechterhaltung des Betriebs sind nur dann im Sinne des § 64 S. 2 GmbHG mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar, wenn ohne die Zahlung der Betrieb sofort eingestellt werden müsste und damit eine ernsthafte Chance auf Sanierung oder Fortführung im Insolvenzverfahren zunichte gemacht würde. Das Bestehen einer ernsthaften Sanierungschance ist vom Geschäftsführer darzulegen und zu beweisen.

Weisungen des Gesellschafters können Zahlungen des Geschäftsführers nach Insolvenzreife regelmäßig nicht rechtfertigen, weil der von ihm zu leistende Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist (§ 64 S. 4 i.V.m. § 43 Abs. 3 S. 3 GmbHG).

Wird der Geschäftsführer gemäß § 64 S. 1 GmbHG verurteilt, ist ihm – damit es nicht zu einer Bereicherung der Masse kommt – von Amts wegen in dem Urteil vorzubehalten, nach Erstattung an die Masse Gegenansprüche, die sich nach Rang und Höhe mit den Beträgen decken, die die begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen.

 

Hinweis für die Praxis zur Haftungsvermeidung

Für die Praxis bedeutet dies, dass der Geschäftsführer insbesondere in der Krise die wirtschaftlichen Verhältnisse der GmbH laufend prüfen sollte. Im Falle einer festgestellten, nicht kurzfristig behebbaren Insolvenzreife sollte sodann umgehend Insolvenzantrag gestellt werden.

Zur Absicherung des Haftungsrisikos nach § 64 GmbHG a.F. (jetzt § 15b InsO) sollte  der Geschäftsführer dafür sorgen, dass die GmbH eine entsprechende Versicherungspolice für eine D&O-Versicherung (Vermögensschadenshaftpflichtversicherung) abschließt. Vom Versicherungsschutz einer solchen Versicherung sind sowohl der Anspruch auf Erstattung der Abwehrkosten für den Fall der unbegründeten Inanspruchnahme (Rechtsschutzfunktion) als auch der Anspruch auf Freistellung von begründeten Schadensersatzforderungen (Freistellungsfunktion) umfasst.