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Gendersternchen (*) beschäftigt nun auch Gerichte

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte sich im Verfahren 3 Sa 37 öD/21 mit einem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe der Klägerin zur Durchführung der Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Elmshorn vom 17.11.2020 - 4 Ca 47a/20 - zu befassen.

Im zugrundeliegenden Verfahren stritten die Parteien um die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 II AGG in Höhe von drei Monatsgehältern wegen der von der Klägerin behaupteten Benachteiligungen bei Ihrer Bewerbung aufgrund des Geschlechts, der Rasse und der Schwerbehinderung. Der beklagte Landkreis hatte im Rahmen einer Stellenausschreibung für das Kreissozialamt u.a. mehrere „Diplom-Sozialpädagog*innen, Diplom-Sozialarbeiter*innen und Diplom-Heilpädagog*innen gesucht. Schwerbehinderte Bewerber*innen sollten bei entsprechender Eignung bevorzugt berücksichtigt werden. Auf eine der Stellen hatte sich die zweigeschlechtlich geborene, schwerbehinderte Klägerin beworben. Sie wurde, da sie nicht über eine pädagogische Ausbildung verfügt und auch nie im pädagogischen Bereich tätig gewesen war, nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Sie trug u.a vor, dass sie wegen des Geschlechts diskriminiert worden war, da das seitens des beklagten Kreises genutzte sogenannte Gendersternchen (*) bei der Formulierung „schwerbehinderte Bewerber*innen“ auf den Aspekt „Geschlecht“ abstelle und sie auch unter dem Gesichtspunkt der „Rasse“ diskriminiert worden sei, da zweigeschlechtlich geborene Menschen in der Vergangenheit in verschiedenen Gesellschaften unter diesem Gesichtspunkt verfolgt wurden. 

Die Prozesskostenhilfe wurde der Klägerin durch das LAG Schleswig-Holstein verwehrt. In der Begründung wird ausgeführt, dass sich eine Diskriminierung des Geschlechts nicht aus der Verwendung des sogenannten „Gendersternchens“ ergebe und diese Verwendung zweigeschlechtlich geborene Menschen nicht diskriminiert. Unabhängig, ob das Gendersternchen den offiziellen Rechtschreibregeln entspricht, was dahingestellt wurde, ist nach Ansicht des LAG Schleswig-Holstein das Gendersternchen, das auf eine Empfehlung der Antidiskriminierungsstelle der Bundesregierung zurückzuführen ist, momentan eine der am weitesten verbreiteten Methoden, um gendergerecht zu schreiben und die Vielfalt der Geschlechter deutlich zu machen. Zudem komme die geschlechterneutrale Ausschreibung im Ausschreibungstext durch den im Ausschreibungstext befindlichen Zusatz „m/w/d“ deutlich zum Ausdruck. 

Verworfen wurde auch die Behauptung der Klägerin, die gewährte Formulierung „schwerbehinderte Bewerber*innen“ sei geschlechtsbetont und nicht geschlechtsneutral. Auch eine Benachteiligung wegen der „Rasse“ schloss das Gericht mangels Indizien aus und betonte, dass die Frage der Diskriminierung von zweigeschlechtlichen Menschen eine solche ist, die an das Merkmal „Geschlecht“ anknüpft und nicht an das einer „Rasse“. 

Auch wenn die Diskussionen um das Gendersternchen derzeit groß sind, sei mit dieser an dieser Entscheidung nochmals ausdrücklich an die geschlechtsneutrale Ausschreibung von Bewerbungen mit Hilfe des Gendersternchens bzw. dem Zusatz „m/w/d“ zu erinnern, um nicht Entschädigungsansprüchen nach § 15 II AGG ausgesetzt zu sein, zumal seit der Entscheidung des BAG vom 19.05.2016 – 8 AZR 470/14 – die objektive Eignung des Bewerbers nicht mehr Voraussetzung für einen Anspruch nach § 15 I und II AGG wegen einer verbotenen Benachteiligung im Auswahlverfahren ist, d.h. es ausreicht, dass sich der Anspruchsteller auf eine nicht geschlechtsneutral oder anderweitig diskriminierend ausgeschriebene Stelle beworben hat.