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Zur steuerlichen Abgrenzung zwischen Hobby und Beruf beim Glücksspiel

Wenn eine eigentlich als geringfügige Nebentätigkeit oder gar als Hobby ausgeübte Tätigkeit eine unerwartete Eigendynamik entwickelt und sich damit plötzlich nicht unerhebliche Einkünfte erzielen lassen, können eine Reihe steuerlicher Problemstellungen lauern.

Dies betrifft nicht nur handgemachte Produkte, die plötzlich und unerwartet reißenden Absatz finden, sondern kann auch auf so banale Sachen wie Online-Glücksspiele zutreffen. Grundsätzlich sind Gewinne aus Glücksspiel steuerfrei, seit dem zum 01.07.2021 in Kraft getretenen neuen Glücksspielstaatsvertrag betrifft dies sogar Gewinne, die in sogenannten Online-Casinos erzielt wurden. Dies gilt jedoch nur dann, wenn es sich wirklich um ein Glücksspiel handelt, der Ausgang dieses Spiels also ausschließlich oder weit überwiegend vom Glück des Spielers abhängt. Wenn der Spieler den Erfolg jedoch durch Geschicklichkeit oder Berechnung beeinflussen kann und so regelmäßig Gewinne mit dem Spielen macht, ist zu prüfen, ob die Einkünfte in der Gesamtschau der Einkommenssteuer unterliegen.

Lange war dies für das Spiel Poker streitig. Zwar gab es vereinzelt finanzgerichtliche Entscheidungen, die die Gewinne erfolgreicher Pokerspieler als steuerbar angesehen haben, eine höchstrichterliche Entscheidung ist bisher jedoch ausgeblieben. Diesen Entscheidungen hat sich der Bundesfinanzhof nunmehr mit Urteil vom 22.02.2023 (Az. X R 8/21) angeschlossen und entschieden, dass Gewinne aus dem (Online-)Pokerspiel als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommenssteuer unterliegen können. Voraussetzung sei dabei allerdings, dass es sich nicht mehr um eine private Tätigkeit des Spielers handele, der Spieler also nicht seine rein privaten Spielbedürfnisse wie ein Freizeit- oder Hobbyspieler befriedigt, sondern das für den Spieler in der Gesamtschau strukturell-gewerbliche Aspekte entscheidend in den Vordergrund rücken. Der Bundesfinanzhof hat insofern einer Parallele zu Sportlern gezogen, bei denen mit dem Sport erzielte Einkünfte ebenfalls nicht uneingeschränkt steuerpflichtig sind, sondern erst dann, wenn sich aus der Tätigkeit und der Zielsetzung das „Leitbild eines Berufsspielers“ ergebe.

Im zu entscheidenden Fall hatte ein Mathematikstudent zunächst mit kleinen Einsätzen und Gewinnen mit dem Online-Pokerspiel begonnen, konnte beides jedoch aufgrund seiner Fähigkeiten und Erfahrungen kontinuierlich steigern. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Streitjahr 2009 erzielte er mit dem Online-Pokerspiel bereits einen Gewinn von über 80.000,00 €, der in den Folgejahren weiter anstieg. Allein im Zeitraum Juli bis Dezember 2009 brachte er dazu nahezu 700 Zeitstunden auf. Das entspricht etwas über 5 Std. pro Tag bei einer 5-Tage-Woche. Wenn der Rahmen einer privaten Hobbytätigkeit – wie hier – überschritten wird und es dem Spieler nicht mehr um die Befriedigung seiner Spielbedürfnisse geht, sondern um die Erzielung von Einkünften, ist sein Handeln als gewerblich und damit als gewerbesteuerpflichtig anzusehen. Maßgebend dabei ist die strukturelle Vergleichbarkeit mit einem Gewerbetreibenden bzw. Berufsspielers, z. B. die Planmäßigkeit des Handelns, die Ausnutzung eines Marktes oder der Umfang des investierten Geld- und Zeitbudgets.

Poker sei zudem kein reines Glücksspiel, sondern vor allem auch durch Geschicklichkeitselemente und das Ausnutzen von Erfahrungen gekennzeichnet. Dies zeige sich auch dadurch, dass einige Pokerspieler über Jahre hinweg erfolgreich an namhaften und mit hohen Preisgeldern dotierten Turnieren teilnehmen können.

In letzter Konsequenz müssten infolge dieser Entscheidung allerdings auch die Verluste von gewerblich tätigen Pokerspielern steuerliche Berücksichtigung finden. Ob die Finanzämter und Finanzgerichte dies in den entsprechenden Fällen genauso handhaben werden, bleibt noch abzuwarten.