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Erbschaftsteuerfestsetzung gegen unbekannte Erben ist möglich

Wenn die wahren Erben in ausreichender Zeit nicht ermittelt werden konnten, können grundsätzlich auch unbekannte Erben zur Erbschaftsteuer herangezogen werden. Dies hat der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom 14.06.2020 - Az. II R 40/17 - entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt waren die Kläger die Erben des am 27.02.2014 verstorbenen Erblassers. Die Erbengemeinschaft war zu-nächst nicht ermittelbar, sodass ein Nachlasspfleger bestellt worden ist. Dieser gab eine Erbschaftsteuererklärung ab. Das zuständige Finanzamt setzte daraufhin nach etwa 14 Monaten Erbschaftsteuer gegen „unbekannte Erben“ fest und schätzte, dass 20 Personen, die nicht näher mit dem Erblasser verwandt waren und deshalb in die Steuerklasse III fielen, den Erblasser zu gleichen Teilen beerbt hätten. Der Bescheid wurde dem Nachlasspfleger bekannt gegeben, der dagegen in Vertretung der unbekannten Erben Einspruch einlegte. Diesen begründete der Nachlasspfleger damit, dass er nicht ausreichend Zeit gehabt habe, die Erben zu ermitteln und das Finanzamt nicht einfach schätzen könne, wie viele Erben etwas geerbt hätten und wie hoch die Freibeträge seien. Daraufhin änderte das zuständige Finanzamt zwar die Anzahl der Erwerber auf 30 Erben ab, behielt die Erbschaftsteuerfestsetzung im Übrigen aber unverändert aufrecht.

Die hiergegen gerichtete Klage wies das zuständige Finanzgericht ab. Auch die Revision der Kläger vor dem Bundesfinanzhof blieb ohne Erfolg.

In seinen Urteilsgründen führte der Bundesfinanzhof aus, dass die von dem Finanzamt gegenüber den unbekannten Erben vorgenommene Festsetzung von Erbschaftsteuer im Wege einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nicht zu beanstanden sei.

Soweit eine Nachlasspflegschaft aufgrund „unbekannter Erben“ angeordnet sei, könne Erbschaftsteuer gegen die „unbekannten Erben“ festgesetzt werden. Die „unbekannten Erben“ würden zunächst als abstraktes Subjekt gelten, das sich später als eine oder mehrere reale Personen herausstellen könne. Somit sei ein Schuldner für die Erbschaftsteuer vorhanden und das Finanzamt könne sich an den bestellten Nachlasspfleger wenden, der für die unbekannten Erben eine Erbschafsteuererklärung abzugeben habe.

Die Steuerbehörde dürfe dann die Anzahl der Erben, die Erbquoten, die Zugehörigkeit zu einer Steuerklasse und die anwendbaren Freibeträge schätzen. Voraussetzung sei jedoch, dass der Nachlasspfleger nach dem Erbfall ausreichend Zeit hatte, zunächst die Erben zu ermitteln. Wie viel Zeit ihm dafür einzuräumen sei, könne von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Im Allgemeinen sei ein Jahr ausreichend.

Können die zunächst unbekannten Erben allerdings bis zu dem Schluss des Gerichtsverfahrens ermittelt werden, dürfe die Erbschaftsteuer nicht mehr gegen die unbekannten Erben festgesetzt werden. Werden die Erben dagegen in dem Verfahren vor dem Finanzgericht noch immer nicht ermittelt, könne das Gericht die Erbschaftsteuerschätzung gegen die unbekannten Erben aufrechterhalten und als seine eigene übernehmen.